Donnerstag, 19. Februar 2009

Raeuberpistolen

Tupiza, ein Ort weit im Sueden, ist so etwas wie der wilde Westen Boliviens. Im Inneren besteht er im Wesentlichen aus schlechten GringoPizzalaeden - von denen einer natuerlich die naheliegende wie grandiose Idee hatte, ihn "TuPizza" zu taufen - und ueberteuerten Fahrradverleihern sowie vereinzelten Ziegenkaesestaenden. Umgeben ist dieses demnach in seinem Kern recht uninteressante Kaff allerdings von einer so dramatischen Landschaft, dass sie sogar zum Setting eines echten Wildwestbanditendramas wurde. Nachdem vor etwa hundert Jahren die beiden beruechtigten Mitglieder der Bande "The wild bunch", die Banditen Butch Cassidy and the Sundance Kid, der Szenerie aus rotem Sandstein und Kakteen des nordamerikanischen Suedwestens als Hintergrund fuer ihre Diebereien muede geworden waren, verschlug es sie (unter Auslassung einiger weitererer, unwesentlicher Details ihrer Biografien) in die von rotem Sandstein und Kakteen gepraegte Landschaft Suedboliviens. Dort landeten sie ihren letzten grossen Coup und stahlen, nicht gerade nett, die gesammelten Monatsgehaelter der dortigen Minenarbeiter. Dann wurden sie aber irgendwie umzingelt und wie es weiter geht, darueber gibt die Verfilmung mit Robert Redfort und Paul Newman keinen Aufschluss. Mysterioes, aber (vielleicht) wahr: ihre Leichen wurden nie gefunden.
All dies Sensationsgeheische liess Henni und mich einmal mehr denkbar kalt, denn wir liessen uns natuerlich nicht auf die albernen Angebote á la "auf den Spuren von..." etc. ein und machten auch nur zwei Mal den Fehler, in den scheusslichen Gringolaeden zu essen. Als wir danach dann noch zwei Mal den Fehler gemacht hatten, stattdessen einige Male Empanadas mit Durchfallgarantie zu essen, waren wir verzweifelt, ob der - von der Eisdiele abgesehen - maroden Versorgungslage und zogen um in ein Hostel mit Kueche, wo wir einander dank der laecherlichen Gemuesepreise quasi umsonst herrlich bekochten.
Derart gestaerkt unternahmen wir in den kommenden Tagen zu Fuss (fuer den Tagespreis der Fahrradverleiher kann man auf dem Bremer Flohmarkt ein Fahrrad KAUFEN!) Exkursionen in die rotgluehende Felsnadelkulisse um Tupiza. Dabei liefen wir immer wieder der quirligen Peng ueber den Weg, einer sehr gespraechigen Chinesin.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Diese Kurzwanderungen fanden vielleicht an zwei von fuenf Tagen statt. Den Rest der Zeit widmeten wir uns entweder unseren Buechern, dem Wein oder unserem neugewonnenen und von den Marktplatzhippies abgeguckten Hobby, der Drahtzuohrringenverbiegerei. Zu diesem Behufe hatten wir uns eigens billige Spezialzangen vom oertlichen Markt ergattert.
Dabei ging es bei uns natuerlich stricly noncommercial zu und die neu hergestellten Schmuckstuecke wanderten nicht in die Auslage unserer Bauchlaeden sondern direkt in Hennis Ohrloch (ja, Singular, denn fuer das Herstellen des jeweils passenden Gegenstuecks fehlte mir zumindest meist die Geduld bzw. das Geschick).
Und dann ging es irgendwann weiter nach Uyuni...




endlich selber Kochen








extreme Posing



die Holde und die Stachelbartkosaken



ganz ausgeblutet nach der Kakteenstachelernte
(zur Schmuckherstellung):
anaemische Henni





Supersoccer



Kefir




don´t mess with Tupiza: the Yellow Rose of Texas








Schwester des Safranordens





wieder einmal taeuschende Idylle:
eine dieser Ziegen ist in Wahrheit ein fieser Hund,
der, um die Herde (vor mir?!) zu schuetzen,
ueber Leichen (ich, fast) geht oder einem zumindest einen
ganz hundsgemeinen Schrecken einjagt.






Danke, Peng,
fuer diesen denkwuerdigen Schnappschuss



ein letzter Eindruck aus der Wanderung durch
den "Cañon"



wer nicht hoeren will, muss fuehlen:
Szene aus "Dennis 3 - die Rueckkehr des Zwillenmoerders"

Dienstag, 17. Februar 2009

Reden ist Silber


Die Zeit wird etwas knapp. Tausend unsortierte Bilder statt tausend Worte.
Thema: Potosí, Bolivien.




Angst in der Ecke






"Puro" ist der 96%ige Schnaps, den die mineros trinken. Auch während der Arbeit.
Da trotzdem nur 30% der Todesfälle auf Unfälle zurückgehen und 70 auf Lungenerkrankungen, scheint das vertretbar. Potosina heisst das wässrige Bier, das sich die zwei durstigen Malocher oben nach einem harten Tag in den Schächten gönnen.

"Real Potosí" ist der bolivianische Meister, "Nacional Potosí" der Aufsteiger.
Ein heißes Lokalduell auf 4060m ü.d.M. in ostfriesischem Aprilwetter und
mit eigentlich ziemlich nüchterner Stimmung. Das Ergebnis 2:2 stellt sowohl Real-Ultra Henni sowie den Nacional-Fanatiker Jakob einigermaßen zufrieden.
Hinter dem Stadion thront wie ueber allem der Cerro Rico.



Denksport Fußball - höchste Konzentration: im Kopf läuft die Analüse auf Hochtouren


die zwei Fanblocks machen die Grabesstille im Rest der Stadions
einigermaßen wett




Nnnnnnnr, brööööö, tschschsch!




der böse menschenfressende Berg. Dabei gibts hier noch nichtmal Gold.



Dieser Teil der Anlagen ist seit zehn Jahren verlassen und kompostiert seitdem metallisch vor sich hin. Ein wahnsinniger Abenteuerspielplatz. Völlig verlassen. Die einzige Person außer uns ist eine fidele Alte, die im Abraum nach übersehenen Silbererzklümpchen sucht. Wir sind eher scharf auf das Katzengold, das hier zwischen getrockeneter Hundekacke in der Sonne blitzt. Sieht aus wie echtes Gold, ist nur bröseliger und eckiger. Zum Lernen: chemische Zusammensetzung Pyrit - FeS2




also nur in Spiel: mobiler wohnen im Wohnmobil





boostet die apokalyptische Stimmung im Rost: Hundemumie



purzelnde Loren











so schön kann Verschmutzung sein: schillernde Schwermetallpfützen



Sicherheit wird - auf diesen Schildern wirklich - groß geschrieben


schon wieder fast das gleiche Bild, diesmal mit der Tütenablagestelle davor.

an der Busendstation: lautstarke Begrüßung/Abschreckung durch Hund





V. A. Ugarte, nachdem ist auch das Stadion benannt.






Diesen Berg hat man immer wieder gern auf dem Foto, er ist
so schön bunt.




im Hinterhof des Hostals



Unterwegs nach Tupiza hatten wir die einzige Reifenpanne eines halben Jahres, das wir etwa zu 50% in Bussen verbracht haben. Sind wir in Südamerika??


Potosí.

Eine feine Stadt. höchste Großstadt der Welt; Weltkulturerbe; tonnenweise Silber (heutzutage lies: Zink); zwei Erstligarteams; Dynamit; Rost; bunte Berge; 96%iger Alkohol; ein teufelsgesichtiger Minengott: "el tio" - der Onkel.

Und natürlich krasse Umweltverschmutzung, eine Lebenserwartung von etwa 40 für die Minenarbeiter, Unfälle, Lungenkrebs und geschätzte 8 Millionen tote Sklaven in dreihundert Jahren kolonialer Unterdrückung aber das ist eine ganz andere Geschichte.