Dienstag, 25. November 2008

high as a kite: die Cordillera Blanca



Aus der gruenen Hoelle sicher in den Grossstadtdschungel Limas gejettet.
Wo uns Unbedarften mittels des cleveren Waehrungstricks - Dollars statt Soles - erstmal das Dreifache des gewohnten Hostalpreises aus der Tasche bugsiert wurde und wir so einen ersten, hochsympathischen Eindruck von den Verhaeltnissen im schicken Stadtteil Miraflores erhielten. Auch wenn einem die Kaese-, Wurst- und Schokoladenauswahl im Supermarkt um die Ecke die Herzen hoeher schlagen liess: so nicht mit uns.
Unbarmherzig degradierten wir daraufhin die Millionenmetropole zum Rangierbahnhof fuer weitere Unternehmungen und goennten der Hauptstadt kaum mehr als zwoelf Stunden unserer wohltuenden Anwesenheit.
Ohnehin viel spannender als das ewige putzbroeckelnde Kolonialbauteneinerlei der meisten Grosstaedte wirken die monumentalen Bauprojekte der Plattentektonik, die den Kontinent auf ganzer Laenge zerknittern, kurz: die Anden. In unserem Fall die Cordillera Blanca, der Teil dieses gigantischen Gebirges, der mit 22 Gipfeln ueber sechstausend Metern so etwas wie der kleine Bruder vom Himalaya ist.
Ausgangspunkt fuer allerlei Gekraxle ist die Stadt Huaraz, die recht huebsch von eisbezuckerten Felskolossen umgeben ist, aber sonst nicht ueber Gebuehr zu begeistern vermag.

Die erste Wanderung fuehrte aus der Stadt auf einer unbefestigten Strasse vorbei an einem Aussichtspunkt mit massivem Riesenbetonkreuz, darunter ein Paerchen eifrig mit erotischen Freiluftuebungen beschaeftigt (wir schlichen diskret vorbei), vorbei an Eukalyptuswaeldchen, bluehenden Kakteen (s.u.) und an unserem ersten Skorpion, der erstens kaum zwei Zentimeter lang war und sich sehr unfotogen in ein Erdloch zwaengte, um unserer Gesellschaft zu entgehen.
Als wir, erkaeltet und ziemlich erledigt, nach einem wuerdigen Punkt als Ziel suchten, um anschliessend umzukehren, eroeffnete sich zuletzt der Ausblick auf einen gar pittoresken (!) Abhang, der von kleinen steilen Canyons zerklueftet nach unten fuehrte und der uns in der spaeten Nachmittagssonne roetlich leuchtend fuer unsere Strapazen belohnte. So ging es nicht den gleichen Weg zurueck und wir kamen in den Genuss eines tuechtigen Adrenalinrausches, als aus dem ganzen Tal ein riesiges Rudel mindestens tollwuetiger Werhunde zusammenpreschte, um uns zu zerfleischen. Gerade noch konnten wir sie durch das Aufheben und Werfen imaginaerer Gesteinsbrocken auf Sicherheitsabstand halten, rochen aber schon ihren fauligen Atem und sahen die Fetzen von bunter Touristen-Outdoorkleidung zwischen ihren dolchartigen Hauern leuchten. Ein lustiges Gefuehl danach auf etwas wackligen Beinchen den Berg herunter zu wackeln.












Fuer die naechste Expedition ging es fuer zwei Naechte in das nahe gelegene Yungai, eigentlich Neu-Yungai, da 1970 ein katastrophaler Erdrutsch das alte Dorf samt sechzehntausend seiner Bewohner begraben hat. Der Wiederaufbau des Dorfes fand zum Glueck an einem anderen Ort statt, sodass wir unbesorgt durch die Strassen stiefeln konnten. Unsere Unterkunft wurde von der herzigen Drusula (ja, komischer Name) gefuehrt, die uns schon im ersten Gespraech so manch tragische Frikadelle ans Ohr erzaehlte, insbesondere traenenreich vom Verlust ihres rechten Armes an eine Krebserkrankung. Die Zurkenntnisnahme der Natur unseres akademischen Zeitvertreibs befluegelte sie zu besonderem Detailreichtum und es war auch wirklich eigentlich spannend nur hatte sie uns auf dem Weg ins Warme abgefangen und so froren wir uns allzu leicht bekleidet durch ihre Leidensgeschichte.
Trost fuer all das Unglueck der letzten Jahre fand sie - wie sie uns berichtete - allein in der Pflege und Umsorgung der Touristen, die ihr ins Hostal schneiten.
Und tatsaechlich war sie, stets freundlich und besorgt, in den naechsten Tagen kaum noch von der Schwelle unserer Kammer so bekommen. Der soundtrack zum Essen, das woanders als im Esszimmer der Familie(/Gaesterestaurant) einzunehmen vermutlich eine grosse Beleidigung gewesen waere, waren ihre Schilderungen zur Frische und Qualitaet der verwandten Zutaten und die Versicherungen, wie begeistert fruehere Gaeste von alldem gewesen seien. Sogar eine selbstgestrickte Muetze gab sie jedem, ausser uns noch ein kanadisches Paerchen, einfach so als Geschenk fuer den folgenden Tag in den Bergen. Bei aller Aufdringlichkeit und trotzdem das blasse Hellblau der Muetze meine erste Wahl am Souvenirstand nicht gewesen waere, macht soviel unkonditionelle Gastfreundschaft doch Eindruck. Fuer welchen der Rest der Familie um Drusula allerdings ganz schoen spuren musste, waehrend sie mittendrin einarmig das Kommando inne hatte.




















Die Wanderung zu einem See namens Laguna 69 unternahmen wir gemeinsam mit Rob und Elena, den Kanadiern, die sich als unterhaltsame Wandergesellschaft erwiesen und tapfer mitmachten, obwohl sie mit nicht mehr als einem Spaziergang um einen See gerechnet hatten, zu dem unser Taxi sie haette bringen sollen und dementsprechend ausgeruestet waren.
Lohn fuer die anstrengende Latscherei (den letzten Kilometer musste man etwa alle hundert Meter zum Verschnaufen anhalten) war eine herrlich gruen leuchtender Bergsee, umgeben von steilen Felswaenden, hinter dem bisweilen schuechtern die eisigen Gletscher aus dem Nebel hervorlinsten. Auf der einstuendigen Rueckfahrt per Taxi fuhren wir an zwei Seen von ebenbuertiger Gruenheit vorbei, die ohne Wanderei zugaenglich waren und auf denen wir von Weitem kleine gruene Ruderboote gewahrten, die uns dazu veranlassten, am folgenden Tag nochmal zurueckzukehren.

Die romantische Ruderfahrt auf gruenem See vor schwarzer Felswand wurde dann zu einem eher sportlichen Ereignis, da uns der feiste Ruderbootsverleiher mit astronomischen Mietpreisen dazu zwang, das Boot fuer einen sehr beschraenkten Zeitraum zu uebernehmen. Da wir vom Taxi aus am gegenueberliegenden Ufer einen schoenen kleinen Strand gesehen hatten, der mit unserer schwerfaelligen Galeere von einem Ruderboot und zudem zwei unterschiedlich langen Rudern nicht ohne einiges Schweissvergiesen zu erreichen war.

Dennoch auf jeden Fall eine lohnenswerte Expedition, denn auf dem Rueckweg entbloesste sich erstmalig in seiner ganzen Pracht der Huáscaran, der groesste Berg im ganzen Gebirge, 6768m hoch. So ging es zufrieden, alles richtig gemacht und nichts ausgelassen, per naechtlichem Duftbus (Sitze vorausschauend genau neben dem verstopften und zugleich haeufig frequentierten Klo gebucht: sieben Stunden Luft anhalten, yeah!) zurueck zum Busbahnhof Lìma.








3 Kommentare:

Jo hat gesagt…

ups, da habe ich ja wirklich länger nicht mehr nachgeschaut (ebenso im studiVZ) und schon verpasst man wortschwälle wie sie nur die vonHerdersche (genetisch Vorbelastete) Prosazunge herauslassen kann. Danke wiedermal. Hier wirds so langsam seriös wie der franzose sagt. Also ist auch mal lernen angesagt - stage in der transplantationsnephro aber auch außerordentlich interessant, daher eine feine angelegenheit.

carpe diem.
jo

Anonym hat gesagt…

ooh mann ihr süßen--- ich vermiss euch!! wie gern wäre ich mal wenigstens nur für einen tag mit euch unterwegs..... *tiefetrauer*
hier in gö mach ich aber auch tolle wanderungen, z.b. rauf aufs kehr und wieder runter (oben hab ich mich mit glühwein+bacardikirsch besoffen)
ey, jakob, wenn du die ganze zeit so geschwollen schreibst (geschwollen im sinne eines 13 jahre alten lullermanns) dann kann ich das nicht immer alles lesen aber.... geile fotos!!! hab euch lieb, euer chrischi***

Jakob hat gesagt…

hallo ihr beiden schnuckies!
ich vermiss euch auch total ...
vor allem bei karos umzug letzte woche - wo wart ihr?! (-;

...wenn nur eure fotos nicht so geil währen. auch wenns improvisieren bei euch ja wirklich nicht zu kurz kommt (ich möchte auch gern lernen, hunde mit imaginären steinen zu vertreiben), ist wintergöttingen dagegen eine graue maus.ihr macht schon echt genau das richtige.
wie lange bleibt ihr noch in den bergen - weiße oder heiße weihnachten?

gehabt euch wohl und habt für den notfall immer genug imaginäre steine dabei.
ach, ich will wieder mit euch verreisen!!