Fast eine halbe Million Leute ohne Strassenanbindung, trilliarden von Motortaxis, Drehort fuer einen irren Film wie Fitzcarraldo, krasse Hitze und der ideale Ort fuer Herrn Eiffel, eines seiner sinnlosen Industrieaesthetikschrunzwerke von Frankreich den ganzen Amazonas herschippern zu lassen.
Kein idealer Ort allerdings fuer eine Magenspiegelung. Das fanden wir nach einem ca. zwei Saetze langen Gespraech mit einem Arzt in der besten Klinik vor Ort. Bevor ich dem naemlich all die schlauen Sachen, die Henni herausgefunden hatte, beibiegen konnte, war der schon halb mit rostigen Nadeln und Draehten in meine koerperliche Integritaet hineingepiekst, sodass wir nach der ersten Konsultation und einem bestaetigenden Gespraech mit der Hausaerztin/-mutter einen weiten Bogen um besagte Klinik machten.
Stattdessen wurde aeusserst erfolgreich auf eigene Faust herummediziniert und der Glaube in die eigenen Kenntnisse und Faehigkeiten durch baldige Heilung wiederhergestellt.
Was Iquitos von allen anderen Grossstaedten der bisherigen Reise absetzen sollte, waren zwei Besuche im Stadtteil Belèn. Bekannt fuer seinen Markt ist diese Gegend, die in der nassen Jahreszeit sich entweder auf Stelzen oder schwimmend vor dem Absaufen schuetzt. "Das Venedig von Perù" ist allerdings ein ziemlich schlammiges Elendsviertel. Insofern waren wir ganz froh um den Kerl, der sich uns, bevor wir den Fuss aus dem Mototaxi auf den matschigen Boden gesetzt hatten, als Fuehrer fuer einen leistbaren Obulus anbot. Ohne ihn waeren wir nicht mit neugieriger Miene durch Muellhaufen und einsturzgefaehrdete Pfahlbauten spaziert, obwohl uns zu keinem Zeipunkt ein feindseliger Blick erreichte. Seine Schilderungen waren spannend und eine Bootsfahrt auf dem Seitenarm des Amazonas, der als Kloake, Fischquelle und Schwimmbad eine zentrale soziale Rolle innehat und die Ueberschwemmung des gesamten Viertels fuer einige Monate jedes Jahr uebernimmt, gemuetlich. Hoehepunkt war eine muntere Gesellschaft, die am Ufer um irgendeine Attraktion sich draengte, die uns unser Gastgeber als Wasserleiche entbloesste und welche sich daraufhin recht deutlich als solche erkennen liess.
Der zweite Teil der Fuehrung, die uns zu dem Zeitpunkt schon etwas zu lange dauerte, war der eigentliche Markt. Alles, was am Dschungel nicht niet- und nagelfest ist, gab es hier zu kaufen. Sprich wohl alles. Hauptsache geschuetzt. Waehrend wir waehrend der Dschungeltour im Naturschutzgebiet das Schildkroetenaufzuchtprogramm kennen gelernt hatten, gab es hier das Pendant: die Schildkroetenschlachtstube. Der Fleischmarkt erinnerte alle Sinne daran, dass nicht alles am Rind/Schwein Hueftfilet ist und der Kraeuterhexenmarkt bot mysterioese Schnaepse an, auf deren Etiketts Abkuerzungen dem Eingeweihten Produkte wie "Lazarus erhebe Dich" oder den "Alleszerstoerer" schmackhaft machten. Riesige Fischschuppen, allerlei Rinden und Samen hatten sicherlich ihre jeweiligen Abnehmer. Wird ja alles vom Markt reguliert.
Neugierig gemacht hatte uns eine Clinica, die uns unser Fuehrer vom Boot aus gezeigt hatte. Ebenso wie die Kirche auf meterhohen Stelzen gebaut ein Ort kostenloser medizinischer Versorgung fuer diejenigen, die das noetige Kleingeld fuer das Noetigste nicht parat haben. Am Folgetag liessen wir uns hinmototaxieren und fanden einen freundlichen Kerl, der uns eine Fuehrung durch das Gebaeude gab. Das war schnell getan, denn es war alles klitzeklein und karg . Ausser Haenden und Augen steht den Aerzten hier wohl nicht viel zur Verfuegung.
Das wars von Amazonia. In der naechsten Folge gehts in mordshohe Berge und duenne Luft. Kontrastprogramm. Wollklamotten. Also, nicht umschalten!
Klos in Belèn
Immer dabei, Iquitos' Tauben: fette schwarze Geier
Transvester Frisoer mit ausgezeichnetem Verstaendnis
fuer meinen Schopf.
1 Kommentar:
Jakob und Henni, ich liebe euch für eure humorigen Beiträge. Schön, dass du gesundet bist Jakob.
Ich bin zZ in Deutschland, Göttingen um bei einer sog. Hans-Böckler-Stiftung ein wenig Geld zu ergattern. Ansonsten alles beim Alten. Wein, Baguette und eine Sprache, der ich ihr Geheimnis noch nicht so richtig entlocken konnte.Naja, ich habe ja noch ein bisschen Zeit.
In innigster Liebe,
Jo
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