
Cuzco - Stadt der Geier im Land der Condoren.
Diese schmissige Ueberschrift fiel uns nach kaum zwei Tagen in der beruehmten Inkastadt ein. Denn das, was uns im Norden gaenzlich unbekannt geblieben war und wovon wir in Pisco, Ica und Nazca lediglich einen kleinen Vorgeschmack erhalten hatten, traf uns hier mit voller Wucht: kaum hatte man sich eine halbe Minute an eine der vielen perfekt eingepassten Inkasteinwaende gelehnt, musste man sich haufenweiser grelle Aquarelle, Muetzen, Puppen, Ganzkoerpermassagen und brazilian waxing samt den jeweiligen Verkaeufern dieser Dinge erwehren. Nebst aufdringlichen Bettlern. Die Frauen, die in ihre bunten, traditionellen Trachten samt knusprigem Baby im knalligen Tuch trugen, zollten mit ihrem Aufzug nicht etwa ihrer Stammeskultur und indigenen Herkuft Tribut, sondern boten sich bereits bei zufaelligem Hinsehen sofort eilfertig fuer ein authentisches - und natuerlich zu bezahlendes - Foto an. Einige mit dem obligatorischen Lama im Schlepptau. Da das alles nicht so ganz nach unserem Geschmack war, versaeuerte uns also Cuzco zuersteinmal ziemlich die Laune, obwohl es eigentlich eine herrliche Stadt ist, mit einem weitlaeufigen zentralen Platz und in der sich die Architektur der Conquistadores mit der der Inkas ganz famos vermischt. Unmittelbare Versoehnung mit der ganzen Stadt fanden wir in einem Ort namens Granja Heidis: beim Eintritt fiedelten einem die vier Jahreszeiten um die Ohren, es lagen Zeitungen rum, es roch nach Kaffee und Kuchen und es gab das sonntaglichste aller Fruehstuecke, mit allem, was man sich nur wuenschen kann, und zudem fuer recht guenstig. So stopften wir uns wohl vier oder fuenf Morgene dermassen voll mit Muesli, Obstsalat, Crepes, Kaese und Saft, dass wir kaum noch ansprechbar heraustaumelnd gegen die vielen Verkaeufer gefeit waren. Weiter versoehnten uns ausserdem einige Ausfluege in etwas zentrumsfernere Viertel der Stadt, in der, fern von den Touristenstroemen, das peruanische Leben seinen gewohnten Gang ging.
Von einer solchen Gegend brachte uns ein vollgestopfter Bus nach Ollantaytambo, von wo aus man nach Aguas Calientes gelangt, der Stadt, die Macchu Pichu am naechsten liegt. Unser Reiseplan war ein Kompromiss zwischen der zeitaufwaendigen Billigstvariante, die die ausgetretenen Pfade umgehend von der anderen Seite sich an Aguas Calientes annaehert, die mit sehr viel Gepaeck zudem sehr anstrengend ist, und der teueren Variante, die bedeutet, einen direkten Zug von Cuzco aus zu nehmen.
Ollantaytambo war eine gute Entscheidung. Auch wenn wir uns zunaechst auf Hostelsuche in eine sehr haessliche Diskussion mit einer Hostelbesitzerin verwickelt sahen, die, als wir keine Lust hatten, uns in ihre kleine, stickige Dachkammer einsperren zu lassen, mit uns einen Streit bezueglich der Entwicklung der Tomatenpreise und unseres europaeischen Reichtums anfangen wollte.
Der Ort hat naemlich seine eigenen Inkaruinen, die an einem Abhang hinter dem Dorf gelegen sind und im Spaetabendlichen Licht einen schoenen Vorgeschmack auf Macchu Pichu lieferten.In dem sehr netten Hostal, in dem wir schliesslich fuer den gleichen Preis unterkamen, lernten wir James kennen, einen feinen Englaender, law student und Platzeinweiser bei Wimbledon.
Mit ihm ging es per Zug nach Aguas Calientes, einer Ort, der sich ausschliesslich aus Hostals, Restaurants und Souvenirstaenden zusammensetzt, aber bereits von den steilen, begruenten Felswaenden eingeschlossen wird, die man aus Bildern von Macchu Pichu kennt.
Am naechsten Morgen ging es um vier Uhr morgens per pedes rauf in Richtung Ruine. Wir waren froh, so zeitig aufgebrochen zu sein, denn die ganze Treppensteigerei bis zum Eingang war anstrengender als gedacht. Immerhin waren wir unter den ersten ca. zwanzig Leuten, die sich einfanden und die einen sympathischen, verschwitzten Haufen darstellten. Kurz vor sechs Uhr schaffte der erste Bus die erste Fuhre der weniger lauffreudigen Touris ran, natuerlich viel zu spaet, um einen guten Platz in der Schlange zu ergattern. Wir waren ganz vorne und als endlich aufgemacht wurde, stiefelten wir unter den ersten vier Personen Richtung Aussichtspunkt fuer einen menschenfreien ersten Eindruck.
Da hatte aber leider der Nebel was gegen. Bloed. Allerdings verschluckte er auch den Grossteil der bunten Regenjacken, die fruehzeitig damit begonnen, den unteren Teil der Anlage optisch zu verschmutzen, sodass es nach einiger Zeit fuer einige mysthisch wolkendurchsetzte Bilder reichte.
Gar nicht faul entschieden wir uns nach einigem Zoegern, uns in die Schlange der erlesenen paar hundert Leute zu stellen, die taeglich auf den Wayna Pichu raufduerfen, das ist der Berg, der hinter der Zitadelle am hoechsten hervorragt.
Dass das eine gute Idee war, konnten wir erst nach einigem Verschnaufen am Gipfel feststellen, denn obwohl es ueberall Stahlseilgelaender gab und der Aufstieg keine Stunde dauerte, war es sauanstrengend sich die unzaehligen Steinstufen hochzuquaelen.
Als sich dann aber der Nebel ueber Macchu Pichu weiter lichtete und den Blick auf die angebliche Condorform der Anlage preisgab (so ein Quatsch, siehe unten, wo ist denn da bitte auch nur ansatzweise ein Condor??), war man sehr froh mit der ersten Fuhre um sieben in der Morgenfrische raufgekrabbelt zu sein. Ausserdem haben sich die Inkas die Muehe gemacht, auch auf den Wayna Pichu einiges an Tempelanlagen hinzumaurern, was uns im Falle des Sieges unserer gewohnten Faulheit verborgen geblieben waere.
Wir waren nicht nur unter den ersten, die an diesem Tag nach MP reinkamen, sondern auch unter den letzten, die wieder gingen. Dies hatte zur Folge, dass wir uns im Laufe des Tages gezwungen sahen, im Imbiss zu essen. Zu Preisen, die die Huetten selbst der schickimickiesten Skigebiete wie Volkskuechen aussehen lassen.
Grund unserer Ausdauer war, dass zu dem Zeitpunkt der APEC-Gipfel in Líma statt fand, besucht durch die auserlesensten Politiker unseres Jahrhunderts, fuer uns besonders interessant der scheidende US-Praesident, von dem wir gehoert hatten, dass er fuer genau diesen Tag uns in Macchu Pichu Gesellschaft leisten wollte. Unsere Hoffnungen auf eine herzliche
Naja, er kam jedenfalls nicht und so um halb fuenf in etwa hatten wir dann auch keine Lust mehr und waren ihm boese. Fast haette uns seinetwegen auf dem Abstieg noch die Dunkelheit erwischt.
Am naechsten Morgen ging es auf der gleichen Route wieder zurueck bis nach Cuzco, wo wir abends unseren Bus gen Arequipa bestiegen.