Unsere Unterkunft in Vilcabamba war der ideale Ort, um das erste Mal von Montezumas unausweichlicher Rache ereilt zu werden. Was plangemaess auch eintraf und zwei, drei faule Tage, (dem ausgekluegelten, hauseigenen Wanderpfadsystem, dass einem Bewegung an frischer Luft aufzudraengen schien, zum Trotz) rechtfertigte. Und diese faulen Tage konnte man im Hostal Izhcayluma wunderbar fuellen: neben dem Notwendigsten (WC) verfuegte die Anlage ueber einen Billardtisch, eine Bar, Tischtennis, Haengematten, einen Pool, einen riesigen tropischen Garten und vor allem: ein echt gutes Restaurant.
Am vierten Tag aber nahm unter anderem unser Wunsch Form an, eine der Touren auszuprobieren, die herrliche Ausblicke auf zwei Taeler versprach.
Und tatsaechlich war es eine der schoensten Wanderungen: ein Grossteil der Strecke verlief auf einem Bergkamm. Links und rechts des kleinen Pfades ging es teilweise recht steil bergab, ohne je gruselig zu sein. Blaue Steine markierten den Weg und tauchten immer genau dann auf, wenn man sich nicht mehr sicher war, auf der richtigen Spur zu sein. Der letzte Teil der Wanderung fuehrte durch ein ausgetrocknetes Flussbett, das als einzige Herausforderung eine Reihe wandererfeindlicher Stacheldrahtzaeune zu Ueberwindung stellte.
Unsere Abreise aus Vilcabamba stellte zugleich auch unsere Abreise aus Ecuador dar. Mitten in der Nacht wurden wir ueber die Grenze geschleust, naja, unter den wohlwollenden Blicken und Stempeln der jeweiligen Grenzbeamten.
Die erste Station in Perú war die Stadt Piura, wo wir in einem sehr guenstigen Zimmer unterkamen, dessen Matratze mich wieder daran erinnerte, warum ich vor Jahren beim Allergietest so eine riesige Beule beim Pieks fuer "Hausstaub" bekam.
Ansonsten eine Stadt, die uns in der kurzen Zeit nicht viel zu bieten hatte ausser einen unserer mittlerweile rituellen Kinobesuche. Jedes Mal der gleiche Schrott und doch irgendwie immer ganz nett. Ausser, dass es nur salziges Popcorn gibt.
Chiclayo machte einen aehnlich sympathisch unaufregenden Eindruck: viel Alltag, wenig Touristen. Spannend war lediglich der zufaellige Besuch eines ausufernden Marktes, der alle nur vorstellbaren Nachfragebereiche grossflaechig abdeckte. In der (fuer alle Sinne) immer aufregenden Fleisch- und Fischgegend sowie in der bunten Obstecke wurden wir erstmalig mit der angenehmen peruanischen Freundlichkeit konfrontiert. Unserem mangelnden Kaufinteresse an Schafskoepfen und getrockneten Rochen begegnete das mangelnde Verkaufsinteresse und die ehrliche Neugier der einheimischen Standbesitzer. Schoen war es, seine Standardfloskeln ueber "woher, wohin, wie lange" nicht (wie so hauefig) im Kontext eines Verkaufsgespraechs abzuwickeln.
Sogar einen klitzekleinen Flohmarkt gab es. Sensationell!
Die Weiterreise fand zum zweiten Mal in einem Nachtbus statt. Vor denen wurden wir zwar aus Sicherheitsbedenken anfangs gewarnt. Wer auch immer allerdings diese Warnung formuliert hatte, muss etwas anderes als die peruanischen Luxuslinerbusse meinen: Stewardess, bettaehnliche Polsterstuehle und ein Snack sowie ein sehr moderner Bus und das Vorlesen der Sicherheitsvorkehrung vor Abfahrt gewaehrten zumindest das Gefuehl ausgesprochener Sicherheit. Dafuer zahlt man gern einen Zacken mehr. Besonders ausgeschlafen kommt man trotzdem nicht unbedingt an.
Die letzten drei Tage waren ausserordentlich aktiv. Chachapoyas, der Ort, an dem wir sie verbracht haben, ist nach einer Kultur benannt, die in dieser Region fuer gute sechshundert Jahre regiert haben. Bevor die Incas im Laufe ihrer klaeglichen siebzig oder so Jahre einfielen und den Chachapoyas den Garaus machten, bevor dann wieder die Spanier einfielen und die Incas hinmetzelten, was wiederum die Chachapoyas sehr gern sahen. Diese haben jedenfalls jede Menge Schmankerl fuer die Archaeologen liegen gelassen, wovon das spektakulaerste eine Festung namens Kuelap ist. Achtung, beeindruckende Zahlen: dreimal soviel Steine schleppten sie fuer das Bauwerk an, wie die Pharaonen ihre Sklaven auf die Pyramiden haben stapeln lassen. Und viel groesser als Macchu Picchu ist es auch: bis zu viertausend Menschen passten rein statt nur laeppische sechshundert. Dafuer macht man sich schon mal die Muehe, um drei Uhr morgens aufzustehen, um das Ganze im goldenen Morgenlicht zu sehen und fuer sich allein zu haben.


oben: Panorama mit Lama
unten: durch den schmalen Eingang konnte immer nur ein (dicker) Mensch. Praktisch bei Belagerungen, unpraktisch bei Feueralarm.
Ein anderer Ausflug in ein nahegelegenes Oertchen namens Huancas, um einen schmucken Canyon zu besichtigen, gestaltete sich als echtes Erlebnis, da der Ort an dem Tag sein grosses Dorffest feierte. Highlights waren: die vielkoepfige Band (weniger die schiefen Klarinetten, mehr die schicken Blechblaeser), der Toepferwettbewerb der Kinder (spitze: die Jungen, die alle moeglichen Tiere und Figuren und so toepferten; enttaeuschend: die Maedchen, die wie Mutti alle nur Schaelchen und Toepfe bastelten), Toepferwettbewerb der Erwachsenen (alte Muttis: Toepfe, aber echt fix und schoen) sowie das Getraenk aus dem Benzinkanister, das wie in der Chemotoilette nach dem Campingurlaub aussah, aber ganz gut schmeckte und wohl aus gegorenem Zuckerrohr war.

oben: Panorama mit Lama
unten: durch den schmalen Eingang konnte immer nur ein (dicker) Mensch. Praktisch bei Belagerungen, unpraktisch bei Feueralarm.
Ein weiterer Tag fuehrte uns nach mehreren Fahrten in klapprigen, vollbesetzten PKWs ueber holprige, staubige Strassen in jeweils noch kleinere Kaeffer zu einem Ort namens Karajia, wo einst die Chachapoyas sich in weiser Voraussicht auf fogende Entwicklungen in der Tourismusbranche auf halbe Hoehe einer senkrechten Felswand kletterten, um dort ein paar ihrer Verstorbenen in Menschenfiguren aehnlichen Sargophagen aus Holz und Lehm zu beerdigen, die dort heute noch stehen und ins Tal kieken.
Heute ist Tag der Untaetigkeit, da wir es dieses Mal nicht geschafft haben auf eigene Faust, d.h. per colectivo (Schepperkarre, die losfaehrt, sobald genug Leute zum gleichen Ort wollen) zur catarata de Gocta zu gelangen. Das ist naemlich der dritthoechste Wasserfall der Welt, der kuerzlich erst (bei seiner Erstvermessung vor zwei Jahren) die jaemmerlichen Yosemite falls auf Platz vier verwiesen hat. Dafuer werden wir leider ganz unindividuell auf die Dienste einer tour agency zurueckgreifen muessen, da die uns das unwiderstehliche Angebot gemacht hat, uns danach sogleich im Ort unserer Weiterreise abzusetzen.
Dann geht es zum maechtigen Amazonas und seinen wohl sehr freundlichen (Menschen) und sehr fiesen (Fisch, der die Harnroehre hochschwimmt und in der Blase, schreckliche Qualen verursachend Blut saugt) Bewohnern...


Der amorphe Klumpen ist bald ein huebsches (langweiliges) Toepfchen.
3 Kommentare:
Wenn mich nicht alles täuscht hat Henni den Text geschrieben, nicht waaahr? Hoffe ihr habt die gefährlichste aller Straßen (die aber eigentlich nix gegen den Verkehr in Bordeaux sein kann) überlebt und seid wohlauf.
Ich geh morgen (und hoffentlich auch das ganze Wochenende) surfen. Ätsch.
Jo
hi ihr zwei,
es ist schon obermies, wie lang ich mich nicht gemeldet hab, wenn ihr jetzt mein gesicht sehen könntet...nicht vom affen, sondern vom gewissen gebissen! werde mich ab jetzt wieder mehr um euch kümmern und aus good old germany berichten, großes indianer-ehrenwort!
sind schon seid 8.10. wieder da. eigentlich alle putzmunter und gesund, aber der schein trügt...nur der stuhl nicht. jule und ich haben gleich den rund-um-sorglos-check-up von ihrem papa bekommen. ließen uns inklusive fast aller körpersäfte untersuchen. drei tage später kam dann der brief vom gesundheitsamt, der uns mitteilte, dass blöde kleine parasiten (lamblien) unbedingt mit nach deutschland wollten und zwar via unserer darmflora!
während jule in deutschland wieder durchfall bekam, war ich schon in indien völlig symptomfrei gewesen...um so nerviger fand ichs dann bis gestern das einigermaßen krasse antibiotikum (metronidazol) nehmen zu müssen. nils, der insgesamt nur zwei tage durchfall hatte und bisher keinen arztbesuch für nötig hielt, hat nun auch lamblien diagnostiziert bekommen. naja, genug von der scheißerei.
da ihr ja zu unserer superhypermegacooolen india-party bestimmt nicht kommen und unseren tollen bilderfilm also verpassen werdet, kann ich ja unseren blog nochmal aktualiesieren..
zur restferienzeit kann ich nur sagen, ich bin am mampfen wie ein blöder! das indische essen war zwar lecker, aber eben echt scharf und manchmal wohl mit kleinen mitessern verseucht...das hat schlussendlich dazu beigetragen, das ich mit 5 kilo weniger wieder hier ankam.
letztes we bei katjas (von der soll ich auch lieb grüßen) oma habe ich unglaubliche 2 kilo zugenommen...ihr könnt euch vorstellen, was da los war. gute hausmannskost und viel gute butter! und wenn sie gerade aus dem kühlschrank kommt lässt sie sich ja auch einfach kaum verstreichen, was will man machen.
so nun lass ich euch mit hoffentlich nicht allzu wässrigen mündern und viereckigen augen wieder weiterreisen und südamerika erleben.
von indien hab ich im moment genug, aber nach kambotscha könnte ich echt mal wieder ;-)
bussi vom bombenleger
Hallo Ihr beiden,
haben uns sehr ueber euren Kommentar gefreut! Wir klauen aber lieber bei Euch, entweder es liegt an der Kamera oder am goldenen Haendchen, wir sind Fans von Bild(und Text!)!
Lasst Euch von den "Gruselgeschichten" was das Busfahren betrifft nicht einschuechtern, gewinnt lieber die Rueckreise im Bingo (Cruz del Sur)...
Liebe Gruesse,
schade dass es bei dem kurzen Treffen blieb,
Philip und lena
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